Unser „Hingucker“ im November – Schonerbrigg JOHANNA
Trotz Corona sind wir natürlich weiter für euch da. Und präsentieren auch an diesem etwas trüben, ersten Donnerstag im November einen aktuellen Neuzugang und ein echtes Highlight.
Es ist die „Johanna“, erbaut 1863 auf der Werft von Oltmann Diedrich bzw. Johann Ahlers in Elsfleth. Auftraggeber war der gleichfalls dort ansässige Kaufmann und Reeder Johann Hinrich Becker.
Der Erhalt eines wunderschönen Kapitänsbildes ist immer auch mit diversen Fragen verbunden. Beispielsweise gilt es festzustellen, um welches Schiff es sich denn genau handelt. Im Falle der „Johanna“ war es allerdings relativ einfach. Wer genau hinschaut, erkennt natürlich gleich den deutlichen Namenszug unten im Bild. Hier ist auch der Name des Kapitäns vermerkt, in diesem Fall Kapitän Brückmann, auf den wir an anderer Stelle noch einmal zurückkommen werden.
Wer den hier abgebildeten Auszug aus dem „Handbuch der deutschen Handelsmarine auf das Jahr 1879“ einmal genauer betrachtet wird feststellen, dass der Name „Johanna“ in der Seefahrt jener Zeit offensichtlich recht beliebt war. Von Altona bis nach Maasholm gab es etliche Heimathäfen für Schiffe dieses Namens. Wie können wir „unsere Johanna“ nun aber zweifelsfrei erkennen? Richtig! Eine Möglichkeit gibt uns der Schiffstyp. Es handelt sich um eine Schonerbrigg. Nun sind wir also schon ein gutes Stück weiter. Aber es gibt noch einen Hinweis, der eine einwandfreie Identifikation ermöglicht. Schaut doch noch einmal genauer hin. – Super!
Die bunten Fähnchen und Wimpel am hinteren Masttop sagen uns ganz genau, welche „Johanna“ hier zu sehen ist. Die Kombination der Wimpel gibt eine Buchstabenfolge wieder. In diesem Falle unterhalb des Namenswimpels: N-C-V-K. Das ist das so genannte Unterscheidungssignal, an dem jedes Schiff auch im 19. Jahrhundert bereits weltweit einwandfrei zu erkennen war.
Wir freuen uns über jeden Neuzugang, der unser Museum bereichert. Bei unserer „Johanna“ ist das natürlich ganz besonders der Fall. Gleichwohl sind mit einem alten Objekt auch stets gewisse Herausforderungen verbunden. So prüfen wir zunächst, in welchem Zustand sich das Bild befindet. Dabei ist klar, dass das gute Stück natürlich nicht immer nur optimale Rahmenbedingungen genossen hat. Wir kennen das alle selbst: In den meisten Fällen entdecken wir Altes und Historisches in Kellern, Abstellräumen oder Dachböden. Dort sind die kleinen Schätzchen häufig gewissen Strapazen (Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen, Schmutz, Schädlinge, etc., etc.,…) ausgesetzt – und das nicht selten über Jahre und Jahrzehnte hinweg. Auch unserer „Johanna“ ist der Zahn der Zeit recht deutlich anzusehen. Der Rahmen hat an einigen Stellen ziemlich gelitten. Auch ist die Leinwand stark verschmutzt und zum Teil beschädigt. Das tut der Liebe natürlich keinerlei Abbruch. Doch bevor wir sie in unserer Dauerausstellung zeigen können, benötigt sie zunächst – ganz klar! – eine Überholung.
Die knapp 32 Meter lange und siebeneinhalb Meter breite Schonerbrigg ist uns ja nun schon recht vertraut. Bevor sie im Dezember ihren Paradeplatz in der Vitrine für ein neues Objekt räumen muss, werfen wir noch einen kurzen Blick auf ihr weiteres Schicksal. In der Bauliste der Elsflether Werft Johann Ahlers, die insgesamt 125 Neubauten umfasst, ist unsere „Johanna“ als Baunummer 94 verzeichnet. Auftraggeber für sie und zwei weitere Schoner im selben und darauf folgenden Jahr war der Kaufmann und Reeder Johann Hinrich Becker.
Bis zu ihrer Strandung im Juni 1888 war der schnelle Handelssegler erfolgreich in der weltweiten Fahrt unterwegs – allerdings ab 1884 unter niederländischer Flagge.
Das schöne Porträt zeigt im unteren Teil den Namen eines ihrer Kapitäne, vermutlich hier als Auftraggeber des Bildes festgehalten. Kapitän Brückmann führte die „Johanna“ in den Jahren 1880 bis 1882. Nach einer stürmischen und beschwerlichen Reise traf das Schiff am 19. August 1882 schwer beschädigt und mit lädierter und teilweise durch das Salzwasser verdorbener Ladung in Port Augusta/Mauritius ein. Ob als Folge dieser Reise, aufgrund der Strapazen, einer schweren Erschöpfung oder Depression nahm sich Kapitän Brückmann am 3. September dort das Leben. Im Anschluss führte Kapitän Grube die Schonerbrigg noch bis 1884. Dann wurde sie an C. A. Gransbergen, Delfzijl, verkauft.
Mit diesem kleinen Überblick über die Abenteuer der „Johanna“ müssen wir uns erst einmal von ihr verabschieden. Erhalten haben wir das Porträt im Oktober 2020 aus dem Nachlass von Frau Ursula Pohl, die es dem Museum testamentarisch übereignete. Wir bedanken uns herzlich für diese wunderbare Bereicherung unserer Sammlung!