Brommy – Admiral der Revolution?

‚Full House‘ im altehrwürdigen Schiffshändlerhaus Borgstede und Becker in Brake, einem der drei Häuser des Schiffahrtsmuseums Unterweser. Eröffnung der Sonderausstellung ‚Carl Rudolph Brommy – Admiral der Revolution‘ am 4. November 2018, dem Tag der Berufung des in der griechischen Marine tätigen Fregattenkapitäns Brommys in die Dienste der Provisorischen Zentralgewalt in Frankfurt a.M. – zum Aufbau eben jener ‚deutschen Marine‘, die die Nationalversammlung am 14. Juni 1848 ins Leben gerufen hatte.Und wenn die Stühle Mangelware werden, so Vizeadmiral a.D. Hendrik Born, letzter Chef derVolksmarine der DDR und Vorsitzender der Stiftung zur Förderung der Schiffahrts- und Marinegeschichte in seinem Grußwort, sei das ein untrügliches Zeichen für die Attraktivität einer Veranstaltung.Die Leiterin des Museums, die Schiffahrtshistorikerin Dr. Christine Keitsch, begrüßte die zahlreichen Gäste und Ehrengäste und führte in die Sonderausstellung unter dem Motto Brommy, Brake und die erste deutsche Flotte ein, die keineswegs ein Lokalereignis gewesen sei, sondern zeitweilig Teil der deutschen und europäischen Geschichte. Grußworte sprachen sodannn Thomas Kossendey, Präsident der Oldenburgischen Landschaft und ehemaliger Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung zur Bedeutung der Flotte für das Oldenburger Land, der Landrat des Landkreises Wesermarsch, Thomas Brückmann sowie Michael Kurz, Bürgermeister der Stadt Brake, zur aktuellen Bedeutung Brommys für die Region, Rechtsanwalt Detlev G. Gross aus Bremen, Nachfahre der Familie von Brommys Ehefrau Caroline Gross zu deren Biografie und Vizeadmiral a.D. Hendrik Born, Vorsitzender der Gesellschaft zur Förderung der Schifffahrts- und Marinegeschichte und letzter Chef der Volksmarine der DDR, der das Schicksal Brommys und seiner untergegangenen Flotte mit dem eigenen Erleben der Auflösung ‚seiner‘ Flotte und ‚Verkauf der Einheiten in alle Welt‘ eindringlich verband.Der anschließende Festvortrag durch den Militärhistoriker und Fregattenkapitän a.D. Dr. Heinrich Walle, riss gleichsam Brommy, so Walle einen ‚Pionier‘ der deutschen Marinegeschichte, aus dem Schatten der deutschen Geschichte und befreite ihn gleichsam vom ‚Ludergeruch‘ der Revolution, wie dies der preußische König Friedrich Wilhelm IV. den Ereignissen und Institutionen einer nur kurzen deutschen Reichsregierung attestiert hatte, verwies vor allem darauf, dass die „deutsche Marine“ der Paulskirche tatsächlich eine legale Reichsinstitution, eine ‚Reichsflotte‘ gewesen sei, mit Brommy, einem ‚gestandenen Seemann‘, Organisationstalent und Verfasser des ersten Handbuches zum Betrieb von ‚Kriegsmarinen‘ in deutscher Sprache, ‚Die Marine‘ (1848), an ihrer Spitze und deren eigentlichem ‚Macher‘ und daher sein, Walles, wissenschaftlicher Beitrag zu dieser Ausstellung auch das Fragezeichen hinter dem ‚Admiral der Revolution‘ sei. Und als erste institutionelle Schöpfung des ersten frei gewählten deutschen Parlamentes, der „deutschen Marine“ der Paulskirche, sei diese, sogar im Begriff, zudem nichts anderes als veritable Vorgängerin unserer heutigen Deutschen Marine (Auszüge der Grußworte sowie der Festvortrag Dr. Walles erscheinen im nächsten ‚Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Schiffahrts- und Marinegeschichte‘).Die Ausstellung zeigt, aus eigenen Museumsbeständen und als Leihgaben des Bremer Rechtsanwaltes Detlev G. Gross, Nachfahre der Familie Brommys, in drei Räumen Exponate aus dem Umfeld der ersten deutschen Flotte wie Handwaffen und Uniformen, Schiffsmodelle sowie vor allem Originalteile aus Brommys Besitz, die z.T. erstmalig ausgestellt werden. Darunter vor allem sein Offizierssäbel samt Epauletten, daneben die Originalausgabe von 1848 seines „lehrreichen Hülfsbuches“ zu Organisation, Betrieb und Führung von Seestreitkräften ‚Die Marine‘. Daneben werden weitere persönliche Gegenstände Brommys wie Möbel aus seiner Wohnung, dienstlichen wie persönlichen Dokumenten und Schriftstücken, darunter seine Schreibmappe mit eigenhändig von Brommy verfassten Gedichten und Noten – alles weitgehend erstmalig und exklusiv zusammengestellt aus dem Bestand des Schiffahrtsmuseums oder als Leihgabe von Detlev G. Gross für die Ausstellung aus dem Nachlass Brommys.Eine Videoinstallation zeigt den Ablauf des ersten und einzigen Gefechtes von Teilen der deutschen Flotte unter Brommy vor Helgoland am 4. Juni 1849 und filmische Statements von,Museumsleiterin, Ausstellungskuratoren, Historikern, Braker Bürgern und Amtsträgern werden gleichsam von Brommys Sofa in die drei Ausstellungsräume gesendet und gleichsam über allem wacht, als Leihgabe des Oldenburgischen Landesmuseums, die Originalflagge Schwarz-Rot-Gold, die im März 1848 am Oldenburger Rathaus wehte.Flankiert werden die Exponate durch erläuternde Texte, die aus verschiedenen Blickwinkeln das facettenreiche und auch politisch immer wieder instrumentalisierte Bild des ersten Befehlshabers einer deutschen Flotte beleuchten und die Darstellung seiner organisatorischen Leistung, die Orte seines Handelns und den Aufbau seiner Flotte in Beziehung setzen zum Verlauf der Revolution von 1848/49, ihrem Aufblühen, Scheitern und ihrem späteren ‚Revival‘ 1918/19, als die Grundrechte der Paulskirche zum wesentlichen Fundament der Verfassung der Weimarer und später auch des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschlandwerden.Zur Sonderausstellung ‚ Carl Rudolph Brommy – Admiral der Revolution?‘ ist im Mittler-Verlag ein gleichnamiger Begleitband erschienen, u.a. mit Grußworten des Inspekteurs Marine, Vizeadmiral Andreas Krause, des Präsidenten des Deutschen Maritimen Institutes, Vizeadmiral a.D. Hans-Joachim Stricker und des letzten Chefs der Volksmarine der DDR, Vizeadmiral a.D. Hendrik Born. Die Ausstellung selbst ist bis zum 29. September 2019 im Schiffahrtsmuseum Unterweser in Brake, Breite Straße 9, zu besichtigen (www.schiffahrtsmuseum-unterweser.de).

Frank Ganseuer